Die E-Zigarette ist in Deutschland derzeit auf dem Vormarsch. Die mehr als 5.000 Händler der elektronischen Zigarette verzeichneten im letzten Jahr mit 275 Millionen Euro einen neuen Rekordumsatz. Dies ist zwar kein Vergleich zu den Umsätzen der Tabakzigarette, wo allein im Jahr 2015 rund 81,3 Milliarden Zigaretten für einen Gesamtwert von 21,7 Milliarden Euro versteuert wurden, verdeutlicht jedoch, warum in letzter Zeit verstärkt versucht wird, diese Entwicklung zu stoppen. Schließlich ist jeder Dampfer gleichbedeutend mit sinkenden Steuereinnahmen für den Staat und Umsatzeinbußen für die einflussreichen Tabak- und Pharmakonzerne. Dementsprechend ist es wenig verwunderlich, dass derzeit mit allen Mitteln versucht wird, dem Vormarsch der elektronischen Zigarette Einhalt zu gebieten. Neben der Verbreitung von Mythen, wie der Popcorn-Lunge und explodierenden Geräten, sollen in erster Linie staatliche Regulierungen zur Eindämmung der Dampfer-Kultur beitragen.
BGH verbietet Liquids für die E-Zigarette
Am 8. Februar verkündete der Bundesgerichtshof ein Urteil, wonach nikotinhaltige Liquids für die E-Zigarette zukünftig als Tabakerzeugnisse gelten. Als Folge dessen ist das gewerbsmäßige Inverkehrbringen nikotinhaltiger Verbrauchsstoffe für elektronische Zigaretten derzeit strafbar. Allerdings gilt das Urteil lediglich für Liquids, bei denen das Nikotin aus der Tabakpflanze gewonnen wurde. Viele Medien nahmen das Urteil zum Anlass, um bereits das Ende der elektronischen Zigarette herbei zu beschwören. Dabei wurden jedoch, wie allzu oft in letzter Zeit, voreilige Schlüsse gezogen. Wie schon bei den jüngsten Berichten zur Popcorn-Lunge und zu explodierenden E-Zigaretten wurden auch in diesem Fall in erster Linie Halbwahrheiten verbreitet. Schließlich haben nur die wenigsten Medien erwähnt, dass sich das Urteil nicht auf alle Liquids bezieht, und bis zum 20. Mai dieses Jahres ohnehin eine EU-Richtlinie umgesetzt werden muss, wonach das Urteil des BGH nichtig werden würde.
Handel ignoriert das Urteil des BGH zur E-Zigarette
Dac Sprengel, der Vorsitzende des Verbandes der E-Zigarette, bezeichnete das Urteil des BGH dementsprechend als schlechten Witz und vorweggenommenen Aprilscherz. „Der Bundesgerichtshof hat versäumt, den Europäischen Gerichtshof anzurufen. Dies hätten die deutschen Richter tun müssen, da ihr Urteil den EU-Binnenmarkt betrifft. Dann wäre die Sinnlosigkeit eines deutschen Alleingangs für 90 Tage klar geworden. Es geht dem BGH in seiner Begründung um anderweitigen oralen Gebrauch. Dieser wurde seinerzeit exklusiv für schwedischen Lutschtabak (Snus) definiert und nicht für die E-Zigarette.“, so Dac Sprengel.
Auch Dustin Dahlman, Vorsitzender vom Bündnis für Tabakfreien Genuss e.V., sieht das Urteil sehr gelassen. „Man muss bedenken, dass sich die Entscheidung vom Bundesgerichtshof auf einen Vorgang aus 2012 bezieht. Durch die EU-Tabakrichtlinie (2014/40/EU) wurden nikotinhaltige E-Zigaretten quasi bereits legalisiert, denn diese ist am 19. Mai 2014 in Kraft getreten und muss zwingend bis zum 20. Mai 2016 auch im deutschen Recht umgesetzt werden.“. Als Folge dessen wird die Entscheidung des BGH, seines Erachtens nach, auch keinen Einfluss auf den Verkauf der Liquids haben. „Wir sehen keinen Zusammenhang, dass die BGH-Entscheidung auf die aktuelle Situation Einfluss nehmen kann. Und selbst wenn doch, ist nicht zu erwarten, dass Behörden diese Rechtsmeinung wirklich durchsetzen. Es macht ja keinen Sinn, Liquids aus dem Regal zu nehmen, wenn sie in einigen Wochen völlig legal sein werden.“, führt Dustin Dahlman fort.
Am Ende verliert nur der E-Zigaretten-Konsument
Auch wenn das Urteil des BGH mit großer Wahrscheinlichkeit spätestens ab Juni nichtig und daher an Unsinnigkeit kaum zu übertreffen ist, verdeutlicht es mit welchen harten Bandagen dafür gekämpft wird, die E-Zigarette vom Markt zu verdrängen. Schließlich dürfte das mediale Echo im Anschluss an das Urteil viele Menschen stark verunsichert und dafür gesorgt haben, dass einige Raucher sich den Umstieg auf die E-Zigarette zweimal überlegen werden. Angesichts der vorwiegend negativbehafteten Presse und der mangelnden Objektivität von Forschungseinrichtungen, wie dem DKFZ, scheint es fast so, als würden die eigenen Steuereinnahmen über die Gesundheit der Bürger gestellt werden. Der einzige Verlierer scheint in dieser Gleichung somit der Konsument zu sein. Anstatt sich objektiv über die Chancen und Risiken der E-Zigarette als Alternative zur Tabakzigarette informieren zu können, wird dessen Meinung nämlich von vornherein negativ beeinflusst.