Diverses

Lotto: Sterbende Tradition oder spannendes Spiel?


Von  | 

Die Lotterien haben hierzulande immer noch eine recht große Fangemeinde – trotzdem lässt sich festhalten, dass gerade die Zahl der regelmäßigen Spieler sinkt.

Über Jahrzehnte war gerade das Samstagslotto das, was in Spanien El Gordo ist: Eine feste Tradition, die den Samstagabend mitgestaltete und die Familie zusammenbrachte. Gemeinsam wurde der Lottoziehung entgegengefiebert, der Tippschein lag nicht selten dem Heiligen Gral gleich auf dem Wohnzimmertisch und jede Zahl wurde ausgiebig kontrolliert, bejubelt oder verflucht. Doch ist das Ritual längst eingeschlafen, denn wenngleich dank Zuschauerprotesten eine feste TV-Ziehung zurückkam, so basiert sie auf einem Touchscreen – die eigentliche Ziehung kann nur noch online verfolgt werden. Aber was bedeutet das für das Lottospiel an sich? Stirbt auch das Spiel, wenn schon die Tradition in Vergessenheit gerät?

Wie steht es um Lotto?

Es ist schon deutlich, dass die Anteile der fixen Spieler in den vergangenen Jahren zurückgehen. Allerdings handelt es sich um Rückgänge auf sehr geringem Niveau:

2015 – 8,65 Millionen spielten regelmäßig Lotto oder Toto. Die Gelegenheitsspieler wurden mit 22,16 Millionen angegeben, während rund 38,43 Millionen Bürger angaben, niemals Lotto zu spielen.

 

2017 – der Anteil der Nichtspieler ist auf 41,2 Millionen angewachsen, während nur noch 7,73 Millionen Menschen regelmäßig spielten. Auch der Anteil der Gelegenheitsspieler sank leicht.

 

2019 – im vergangenen Jahr gab es Verbesserungen und Verschlechterungen. Die regelmäßigen Spieler sanken weiter auf 7,29 Millionen, während jedoch die Gelegenheitsspieler auf 22,39 Millionen stiegen. Zugleich sank der Anteil der Nichtspieler auf 40,91 Millionen.

 

Auch der Umsatz des reinen Lotto- und Totoblocks sank seit 2005 deutlich, wenngleich er immer noch im Milliardenbereich liegt.

Ein Kernpunkt des Zahlenrückgangs dürfte sein, dass das Angebot an verschiedenen Lotterien, die auch internationale Jackpots miteinschließen, ständig wächst. Auch die europäische Konkurrenz schläft nicht und mit den EuroMillions oder dem Eurojackpot sind europäische Lotterien direkt neben dem typischen Lottospiel im Angebot. Werden jetzt noch die amerikanischen Mega-Lotterien oder Zusatzangebote berücksichtigt, ist schnell klar, dass zumindest ein Teil der abgekehrten Spieler wohl die Vielfalt nutzt. Da in den Lottostatistiken Spieler dieser Lotterien nicht aufgeführt werden, gelten sie entfallene Spieler oder Nichtspieler.

Wie hoch sind die Gewinnchancen?

Relativ gut – zumindest dann, wenn auch die kleinen Gewinnklassen miteinberechnet werden. Diese bringen oft gerade einmal Gewinne in der Höhe, dass der Einsatz wettgemacht wird, doch zählen sie natürlich auch zu den Gewinnen. Umso höher die Gewinnklasse, umso höher die Gewinnsumme, desto geringer ist die Chance, den Volltreffer zu landen:

Lotto 6 aus 49 – die Chancen, die Anforderungen der besten Gewinnklassen zu erfüllen, stehen schlecht. Mit einer Chance von 1 zu 139.838.160 gelingt es, sechs Richtige plus die Superzahl zu tippen. »Nur« sechs Richtige sind schon einfacher zu tippen, denn hier stehen die Chancen bei 1 zu 15.537.573.

 

Eurojackpotder tatsächliche Jackpot, der mit 5+2 Richtigen getippt wird, bietet eine Gewinnchance von 1 zu 95.344.200. Die zweite Gewinnklasse (5+1) hat eine Chance von 1:5.959.013.

 

EuroMillions – die Gewinnchancen in dieser Lotterie ähneln wieder dem typischen Lottospiel: Mit 1:139.838.160 wird die höchste Gewinnklasse erreicht. Fünf Richtige haben hingegen eine Chance von 1:3.107.515.

 

Grundsätzlich gilt, dass das Glück einfach herausgefordert werden muss. Statistisch betrachtet ist keine Zahl besser oder schlechter, einzig besonders beliebte Zahlenkombinationen sind nachteilig, da diese häufig genutzt werden und ein etwaiger Gewinn somit mit Pech mehrfach geteilt werden muss. Gerade bei den Lotterien mit allgemein übersichtlicheren Jackpots wie »Lotto 6 aus 49« ist das ein Problem, denn wer beispielsweise 5 Millionen mit sieben anderen Gewinnern teilen muss, der gewinnt zwar, ist aber kein Millionär.

Was macht die Faszination beim Lotto aus?

Ob Lotto, Eurojackpot oder andere, auf das Tippen von Zahlen basierende Lotterien: DieFaszination beruht auf sehr ähnlichen Aspekten:

Ritual – das Lottospiel kann sich zu einem wunderbaren Ritual entwickeln. Es gibt nicht wenige passionierte Lottospieler, die internetaffin sind und die Online-Lottoangebote alle kennen, doch die niemals einen virtuellen Tippschein ausfüllen würden. Der Gang zu Annahmestelle, die oft in Jahrzehnten dieselbe bleibt, das Ankreuzen am Tisch der Annahmestelle – dies alles gehört schon zum wöchentlichen Ritual. Viele dieser Spieler würden auch nie den Quicktipp versuchen und einen Computer »ihre« Zahlen wählen lassen.

 

Gefühlte Kontrolle – ob es nun besondere Zahlen sind, die immer gewählt werden oder die tiefe Überlegung, welche Zahlen es heute sein sollen: Mit dem Aussuchen und dem Ankreuzen kommt das Gefühl der Kontrolle auf. Das Ankreuzen gleicht einer Handarbeit, das Abgeben des Tippscheins nun praktisch einem Opfer. Natürlich ist das Gefühl der Kontrolle nur subjektiv, doch fühlen sich viele Tipper, als hätten sie so gute Arbeit geleistet, dass ihre Mühe belohnt werden muss. Dies gelingt nur, wenn sie alle Schritte selbst ausführen.

 

Spannung – mit dem Lottospiel wird man immer wieder konfrontiert. Die Jackpots werden ausgewiesen, es wird geworben und natürlich stehen, je nach Lotterie, fixe Termine im wöchentlichen Kalender. Es kann also ein fester Höhepunkt vor Augen gehalten werden, an dem sich die Spannung entlädt.

 

Eigenheiten – es lässt sich beobachten, dass so mancher Lottospieler rund um das Spiel Eigenheiten entwickelt. So würden die einen niemals die Zahlen am Ziehungstag kontrollieren, sondern erst am nächsten Morgen. Früher war meist das Lesen der Tageszeitung der Stichpunkt. Andere machen gar das Prüfen der Zahlen von externen Ereignissen abhängig: Hat der Fußballverein verloren, steht das Glück schlecht und es wird nicht kontrolliert.

 

Die Faszination geht allerdings auch von der Einfachheit des Spiels aus: Das Tippen erfordert nichts, kein Wissen, keine besondere Begabung. Es muss nur eine gewisse Anzahl an Kreuzen gemacht werden, sich für oder gegen Zusatzlotterien entschieden werden – schon kann das Spiel beginnen.

Mit den Online-Lottoangeboten, die weit über das von städtischen Annahmestellen hinausgeht, ist es ebenso. Einzig die Volljährigkeit muss gegeben sein, dann kann getippt werden.

Die Faszination des Lottospiels sorgt auch heute noch für große Nachfrage. Bildquelle: @ Dylan Nolte / Unsplash.com

Die Faszination des Lottospiels sorgt auch heute noch für große Nachfrage. Bildquelle: @ Dylan Nolte / Unsplash.com

Fazit – das Lottospiel behält seine Spannung

Das Ambiente hat sich verändert. Heute braucht sich die Familie aber auch nicht mehr samstags vor dem TV versammeln und mit den Lottozahlen das seltene TV-Vergnügen einläuten. Zahlen werden anders geprüft, Lottoscheine werden gerne online abgegeben und hin und wieder darf das Glück auch mal den Zahlen bei einer anderen Lotterie hold sein.